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Wohnungsbaugesellschaft Villingen-Schwenningen mbH

Wohnungswirtschaft in der Krise

Wohnungswirtschaft in der Krise

Die Diskussionen um und Forderungen nach bezahlbarem Wohnraum stehen seit vielen Jahren im Zentrum öffentlicher Diskurse. Wohnen ist ein Menschenrecht, das für alle Gesellschaftsschichten gewährleistet sein muss. Dieses Ziel zu erfüllen, ist auch die Aufgabe jedes Gesellschaftsvertrags von Wohnungsbauunternehmen, die im Dienst von Kommunen stehen und damit auch der wbg Villingen-Schwenningen.

Die momentane Situation und die damit korrelierenden Entwicklungen haben dazu geführt, dass sich diese ohnehin schon prekäre Lage noch weiter zugespitzt hat. In diesem Beitrag möchten wir über die Hintergründe des Status quo im Wohnungsbau informieren, der weitreichende politische Faktoren impliziert.

Direkte Auswirkungen auf laufende Neubauprojekte

Wir haben ein großes Bauprojekt auf dem Sturmbühl Areal in Villingen-Schwenningen bereits im Jahr 2020 begonnen, wofür wir unter anderem einen Architektenwettbewerb lancierten. Als kommunales Wohnbauunternehmen kalkulierten wir den Großteil des Wohnraums – gefördert mir Bundes- und Ländermittel – auf einen angestrebten Mietpreis von 7 € bis 10 € pro Quadratmeter. Die Turbulenzen und Ereignisse der letzten 3 Jahre haben diese Kalkulation nun leider zur Utopie deklariert. Würde das Projekt wie ursprünglich geplant umgesetzt werden, müssten wir einen Mietpreis von 18 bis 20 € für den Quadratmeter veranschlagen. Ein solcher Mietpreis lässt sich nicht mehr mit dem Anspruch an den sozialen Wohnungsbau vereinen und führte zu einem direkten Projektstopp, der bis heute anhält.

Rendering des geplanten Bauprojekts auf dem Sturmbühl Areal in Villingen-Schwenningen.

Direkte Auswirkungen auf Sanierungen

Auch bei der Dekarbonisierung und Sanierung von Bestandsimmobilien schlägt sich dieser Trend spürbar nieder. Konnten wir zuvor mit der Hilfe von öffentlichen Fördermitteln Sanierungen durchführen, deren Ergebnis den KfW55 Standard erfüllen und lediglich eine Mieterhöhung von 13,7 %  zur Konsequenz hatten, wären wir unter den momentanen Bedingungen dazu gezwungen, die Miete um 37,3 % zu erhöhen. Eine solche Mieterhöhung ist weder rechtlich noch moralisch durchsetzbar.

Vier zentrale Faktoren

Ausschlaggebend für diese Marktveränderungen sind vier spezifische Faktoren

  • Zinsen:
    Die Zinsen sind mittlerweile um das Vierfache gestiegen, was zusammen mit der hohen Inflation die Finanzierung von Bauprojekten zu einem finanziellen Kraftakt macht.
  • Baukosten:
    In den letzten rund vier Jahren sind die Baukosten um 50 % gestiegen. Das bedeutet also, dass neben der ökonomischen Krise, den vierfachen Zinsen und der hohen Inflation Bauen im Allgemeinen noch kostspieliger geworden ist.
  • Anforderungen:
    Ein weiteres Problem, das die Kosten spürbar und rasant in die Höhe treibt, sind die gestiegenen Anforderungen, die ein Neubau laut Gesetz erfüllen muss.  Hierzu zählen unter anderem strikte und hohe Energiestandards, ebenso wie sehr enge Schallschutzverordnungen. Um diesen Anforderungen zu entsprechen, sind bauliche Maßnahmen notwendig, die die Kosten ebenfalls in die Höhe treiben. Hinzu kommen neue und kostenintensive Zertifizierungsverfahren, die das Erfüllen der Standards dokumentieren und eine Notwendigkeit zum Erhalt von Fördermitteln darstellen.
  • Rückgang der Förderungen:
    Der Teufelskreis komplettiert sich durch den drastischen Rückgang der Fördermittel. Momentan stehen dem Bund und den Ländern nicht genügend Mittel zur Verfügung, um diesen Entwicklungen in angemessenem Umfang entgegenzuwirken. Hierfür wären rund 50 Milliarden Euro nötig, wobei in absehbarer Zeit mit 1 Milliarde Euro als Unterstützung zu rechnen ist.

Auch aus eigenen Mitteln können wir bei diesen Marktentwicklungen nichts erreichen. Unter den momentanen Bedingungen wäre ein Eigenkapitaleinsatz von mindestens 50 % notwendig, den wir, als an dem Gemeinwohl orientiertes Unternehmen, schlicht nicht stemmen können.

Abriss auf dem Sturmbühl Areal. Bisher gibt es leider noch keine Bilder vom Spatenstich.

Wie geht es weiter

Unter den momentanen Bedingungen können wir unseren Auftrag, bezahlbaren Wohnraum zu erstellen,  nicht mehr erfüllen. Hierbei sind wir mitnichten das einzige Unternehmen der Branche, dem es so geht. Die Situation ist sehr ernst und wird mit jedem Tag ernster. Bundesweit ist der Bedarf an Wohnungen ungedeckt, der Wohnungsbau kann das Wachstum von Städten und Gemeinden nicht mehr auffangen. So ist der aktuelle Status quo. Auch vonseiten der Regierung wurde kommuniziert, dass in absehbarer Zeit nicht mit den erforderlichen Mitteln gerechnet werden kann. Energiekrise, Inflation und Corona haben die Staatskassen deutlich belastet. Mit anderen Worten kann man ganz klar und deutlich sagen, dass die gemeinwohlorientierte Wohnungswirtschaft momentan vor großen Herausforderungen steht.

Und dennoch, auch wenn die Situation momentan düster wirken mag und wir leider keinen öffentlich sichtbaren Fortschritt bei unseren Projekten präsentieren können, arbeiten wir mit Hochdruck an Möglichkeiten um die dramatischen, wirtschaftlichen Entwicklungen zumindest abzudämpfen. Die wbg Villingen-Schwenningen versteht sich als Innovator in der Wohnungswirtschaft. Das ist unser Anspruch an uns selbst. Mit Innovation und Einsatz werden wir auf die momentane Krise reagieren und alles in unserer Macht Stehende tun, um unserer Aufgabe, die breiten Bevölkerungsschichten der Stadt Villingen-Schwenningen mit gutem und fairem Wohnraum zu versorgen, nachzukommen.